Tagebuch einer Südseereise: Geschichte & Gegenwart der Rapa Nui

Der zweite Tag im Paradies steht unter dem Motto: Auf zur Erkundung der Osterinsel! Überwältigt von den Emotionen der ersten Stunden hier, wache ich wohl ausgeruht und bereit für einen neuen Tag auf. Sonne & Wolken wechseln in dieser Einsamkeit inmitten des Pazifiks ständig ab, zur Sicherheit bereite ich für den ersten Tagesausflug lieber eine Jacke vor: Ohne direkte Sonneneinstrahlung ist der Wind bei bewölktem Himmel nämlich überraschend kühl. Wie war das mit dem Paradies gleich noch mal?

 

Paradiesisch ist für mich der frische Fruchtsaft – Mango, Melone, Banane, Guave – der hier zu jeder Mahlzeit gereicht wird. Weniger paradiesisch ist, was wir zu Geschichte & Kultur der Rapa Nui gleich sehen & hören werden …

… umgestürzte Moai. Geschichten von Krieg, Kannibalismus und Sklaverei. Die Wirren der conditio humana, unserer menschlichen Eroberungsnatur, laufen hier im Zeitraffer ab – wohl auch aufgrund der eingeschränkten Größe und besonderen Lage dieses Eilandes inmitten des pazifischen Ozeans. Was also ist passiert? “Oh, die Bäume & Blumen, alles was Ihr hier im Dorf und rund um die Insel heute seht, ist nicht von hier”, erzählt uns Nune, mit der wir einen Tag lang zur Erkundung der Osterinsel unterwegs sind. Ihrem wachen Geist und Wissensreichtum ist es zu verdanken, dass wir viele Fragen stellen und Zusammenhänge besser verstehen lernen können. “Die letzten einheimischen Bäume, die heute auf der Osterinsel wachsen, stammen von Samen, die norwegische Entdecker gesammelt und kultiviert haben – kurz bevor selbige vor rund 50 Jahren ausgestorben sind. Erst vor kurzem wurden sie erfolgreich neu gepflanzt.”

In der Tat ist das Bild der Osterinsel im Landesinneren ein eher karges; die subtropische Pflanzenvielfalt mitsamt Tausender, an der Küste brütender Seevögel eine prähumane, utopische Vision angesichts der heutigen Grassteppe. Die Ankunft der ersten polynesischen Seefahrer wird ca. auf das Jahr 700 bis 800 nach Christus datiert – und mit ihr die ersten irreversiblen Veränderungen: Polynesische Ratten vertilgen die Eier der hier brütenden Seevögel, eingeschleppte Pflanzenarten verdrängen nach und nach die hier heimischen. Ganz ähnliche Geschichten kenne ich aus anderen Inselstaaten wie Neuseeland. Da wir hier jedoch von einem vergleichsweise winzigen Eiland sprechen, sind die Auswirkungen besonders verheerend. Die Rapa Nui können ihre Gesellschaft und Kultur nur so lange aufrecht erhalten, bis das fragile Ökosystem des 12 x 17 x 24 Kilometer großen Inseldreiecks “kippt”: Fehlendes Brennholz, vielleicht auch Versorgungsknappheit für die zur Blütezeit rund 15.000 Einwohner der Insel, lösen erste Fehden und Kriege unter den hier lebenden Stämmen aus.

 

Im Jahr 1700 – 1800, noch vor der Ankunft der ersten europäischen Seefahrer, bedrohen Kriege & Versorgungsknappheit die Kultur der Rapa Nui. Das Gleichgewicht kippt – und mit ihm die mächtigen Moai.

Der Anblick der vielen, mit dem Gesicht nach unten gestürzten Moai stimmt mich traurig: Dieses Bild hatte ich so nicht erwartet, da es nicht oder kaum propagiert wird. Tatsache ist jedoch, dass die allermeisten Moai mit dem Gesicht nach unten “herumliegen” – und nur wenige in den letzten Jahrzehnten erst wieder aufgestellt worden sind. Seht Euch das mal an.

Nune, unsere einheimische Führerin während des ersten Tagesausfluges auf der Osterinsel, erklärt uns kurz vor Aufbruch, welche Stationen und Kulturstätten wir gleich besichtigen werden.

Nune, unsere einheimische Führerin während des ersten Tagesausfluges auf der Osterinsel, erklärt uns kurz vor Aufbruch, welche Stationen und Kulturstätten wir gleich besichtigen werden.

 

Hier zu sehen ist die erste Zeremonienstätte der indigenen Bevölkerung der Osterinsel, genannt Vaihu – mit allesamt umgestürzten „Huri Moai“, Zeugnis zahlreicher Kriege und Auseinandersetzungen zwischen den Inselstämmen.

Hier zu sehen ist die erste Zeremonienstätte der indigenen Bevölkerung der Osterinsel, genannt Vaihu – mit allesamt umgestürzten “Huri Moai”, Zeugnis zahlreicher Kriege und Auseinandersetzungen zwischen den Inselstämmen.

 

Bilder wie diese ...

Bilder wie diese …

 

... stimmen mich traurig. Ich kann mir nicht helfen.

… stimmen mich traurig. Ich kann mir nicht helfen.

 

Alles kann man auch nicht mehr erklären, da viel Wissen und genaue Zusammenhänge im Zuge der Kriege und späteren Eroberungen durch die westliche Gesellschaft verloren gegangen ist. Der Blick in eine andere Zeit ...

Alles kann man auch nicht mehr erklären, da viel Wissen und genaue Zusammenhänge im Zuge der Kriege und späteren Eroberungen durch die westliche Gesellschaft verloren gegangen ist. Der Blick in eine andere Zeit …

 

... ist ebenso mystisch wie faszinierend: Hier stehen wir an der „Geburtsstätte“ sämtlicher Moai, die je auf der Osterinsel gefertigt wurden, dem heiligen Berg Rano Raraku.

… ist ebenso mystisch wie faszinierend: Hier stehen wir an der “Geburtsstätte” sämtlicher Moai, die je auf der Osterinsel gefertigt wurden, dem heiligen Berg Rano Raraku.

 

Von hier aus „wandern“ alle Moai bergabwärts und wurden so einst zu ihren ursprünglichen Zeremonienstätten transportiert – wie ganz genau, bleibt wohl für immer ein Rätsel.

Von hier aus “wandern” alle Moai bergabwärts und wurden so einst zu ihren ursprünglichen Zeremonienstätten transportiert – wie ganz genau, bleibt wohl für immer ein Rätsel.

 

Auch am Inneren des Kraterrandes des heiligen (Vulkan)Berges entdecken wir Spuren von Moai am Horizont ...

Auch am Inneren des Kraterrandes des heiligen (Vulkan)Berges entdecken wir Spuren von Moai am Horizont …

 

... insgesamt wurden knapp 1.000 Moai in rund 500 Jahren Blütezeit geschaffen !! Dieser hier, „El Viajerito“, ist im Rahmen einer Ausstellung gar bis Japan (und retour!) gereist.

… insgesamt wurden knapp 1.000 Moai in rund 500 Jahren Blütezeit geschaffen !! Dieser hier, “El Viajerito”, ist im Rahmen einer Ausstellung gar bis Japan (und retour!) gereist.

 

Tonariki ist die letzte Stätte 15 stehender Moai: Auch diese wurden einst gestürzt, von einem Tsunami gar Dutzende Meter weit ins Landesinnere gespült – und kehrten mit Hilfe japanischer Sponsorengelder wieder zu ihrem ursprünglichen Glanz & Platz zurück.

Tonariki ist die letzte Stätte 15 stehender Moai: Auch diese wurden einst gestürzt, von einem Tsunami gar Dutzende Meter weit ins Landesinnere gespült – und kehrten mit Hilfe japanischer Sponsorengelder wieder zu ihrem ursprünglichen Glanz & Platz zurück.

 

So ein Moai aus der Nähe ist schon etwas ganz Besonderes ...

So ein Moai aus der Nähe ist schon etwas ganz Besonderes …

 

... die „Versammlung der Stammesführer“, welche die Moai spirituell repräsentieren, zutiefst beeindruckend. Der größte Moai hier, knapp 10 Meter groß, wiegt an die 80 Tonnen!

… die “Versammlung der Stammesführer”, welche die Moai spirituell repräsentieren, zutiefst beeindruckend. Der größte Moai hier, knapp 10 Meter groß, wiegt an die 80 Tonnen!

 

Beeindruckend. Faszinierend. Die Osterinsel lässt mich voller Emotionen, neuer Erkenntnisse & ungemeiner Energie zurück. Ich kann jedem die Reise hierher nur empfehlen – und sich Zeit zu nehmen, um Kultur & Magie dieses Ort auf sich wirken zu lassen.

Zu guter Letzt beschließen wir unseren Tagesausflug mit einem Besuch des einzigen Sandstrandes der Osterinsel, Anakena im Norden der Insel. Auf dem Weg dorthin begegnen uns türkisblaue Meeresbuchten, mystisch-magnetische Steine sowie Palmen & Moai am Strand. WOW! Allein schon dieser Anblick, ein Bild für Götter … und heute für uns glückliche Menschen, die wir so viel Magie und Faszination erleben dürfen.

Bilder wie diese ...

Bilder wie diese …

 

... stimmen mich glücklich: Hier lade ich mich an einem ganz besonderen Stein auf, dem dank seines Magnetismus und seiner besonderen Energie magische Kräfte nachgesagt werden.

… stimmen mich glücklich: Hier lade ich mich an einem ganz besonderen Stein auf, dem dank seines Magnetismus und seiner besonderen Energie magische Kräfte nachgesagt werden.

 

Anakena begrüßt uns mit dem typischen Inselgruß, „Iorana“ in der Sprache der Rapa Nui, sowie gemütlichen Versorgungshütten.

Anakena begrüßt uns mit dem typischen Inselgruß, “Iorana” in der Sprache der Rapa Nui, sowie gemütlichen Versorgungshütten.

 

Auch hier gibt es Moai, die in mühevoller Restaurierungsarbeit wiederaufgestellt und auf ihre ursprüngliche Plattform zurückgehievt wurden.

Auch hier gibt es Moai, die in mühevoller Restaurierungsarbeit wiederaufgestellt und auf ihre ursprüngliche Plattform zurückgehievt wurden.

 

Zu guter Letzt lasse ich mich einfach nur mehr fallen ... und von diesem sagenhaften, warmen, pazifischen Meer umarmen, das meine Gedanken wiegt und meine Seele nach all der Aufregung eines solchen Tages wieder einigermaßen beruhigt. Maururu, Te Pito O Te Henua – Danke für so viel Gefühl & Verständnis, liebe Osterinsel!

Zu guter Letzt lasse ich mich einfach nur mehr fallen … und von diesem sagenhaften, warmen, pazifischen Meer umarmen, das meine Gedanken wiegt und meine Seele nach all der Aufregung eines solchen Tages wieder einigermaßen beruhigt. Maururu, Te Pito O Te Henua – Danke für so viel Gefühl & Verständnis, liebe Osterinsel!

 

Noch mehr Zauber von der Osterinsel findet Ihr beim Anblick dieser Fotogalerie bei Flickr:

 

Darüber hinaus habe ich noch weitere Reisetipps & Geschichten zur Osterinsel veröffentlicht:

Viel Vergnügen beim Lesen & Genießen!

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2 Kommentare

Fabrizio Ranzolin 27. Dezember 2014 - 04:46

Simplesmente Fascinante!! Elena, somente de ver as fotos já pode-se sentir as energias… Muito poderoso… abraços,

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Elena 27. Dezember 2014 - 09:13

Obrigada, Fabrizio querido!

Fico muito contente por teres gostado (e sentido) tanto as mesmas energias que recebei ao passar pela “Ilha da Magia”, a Ilha de Páscoa … até já no Brasil. 🙂

Elena

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